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8.1 [Neubau 202]
– Mark [Umzug: D.Bonhöffer-Gymnasium Wiehl]
Klassensprecher: Alexander, Demian

8.2 [Altbau 506]

Klassensprecher: Alexander, Demian


Wir schreiben das Jahr 1993. Der Ernst des Lebens für die D-Schüler des HGW-Jahrganges 1990 beginnt in Person von Dr. Gerd Leuchtmann. Er ist ein Paradebeispiel für die Sätze 'Man lernt nie aus' und 'Egal wieviel, man lernt immer zu wenig.'

So saßen wir nun auf morschen 'Bio-Stühlen' und notierten, was das Zeug hielt, um einer eventuellen Überprüfung in der nächsten Stunde standhalten zu können. Ab und zu warfen zwar selbst Schüler ein, man würde mit dieser Methode viel besser und vielleicht sogar mehr lernen, aber jeder in der Klasse wird inzwischen (in der 10) eingesehen haben, daß er Leuchtmann's Engerling-Zyklen ebensowenig im Kopf hat wie Krafft's mit mehr oder weniger gut duftendem Papier einge'bläu'ten Informationen über die Position der Leber bei einer Katze (Wer Frau Krafft kennt, weiß, daß sich 'Blau' lediglich auf die Druckfarbe bezieht!).

Diese neuen Erfahrungen machte derweil Mark in Wiehl, wo zwar der Unterrichtsstil wohl eher durchschnittlich ist (weder Bio-Bingo und Hi-Tech-Filme mit parallelem Kartenspielen wie bei Krafft, noch Hirnzermarterung wie bei Leuchtmann), den Hausaufgaben aber ein höherer Wert zugemessen werden scheint als bei uns verwöhnten HGW'lern. Zugegeben – die Hausaufgaben hielten sich bei uns meistens wirklich seeehr in Grenzen. Nebenbei: Dieses Ende der Entmar[c/k]ifizierung stellte den letzten personellen Verlust für zwei Jahre dar.

Ein weiteres Ereignis aus der Acht wird wohl vielen noch in Erinnerung sein: Der berüchtigte 'Schwarze Freitag', der unsinnigste Schultag, den wir je erlebten: Einer noch relativ interessanten Vorlese-Vertretungs-Stunde bei Frau Teubler folgten eineinhalb Stunden ohne Lehrer. Ursprünglich sollten wir nur drei Stunden haben, eine Nachfrage des damaligen Klassensprechers Alex, ob wir aufgrund der zu Ende der zweiten Stunde für die meisten besseren Bus-Situation nicht früher gehen könnten, bewirkte sogar eine Verlängerung des Schultages auf vier Stunden – mit Hinweis auf die dann bessere Bus-Situation... Da die Geduld vieler Schüler nun ein Ende hatte – Jerome war schon von vornherein zu Hause geblieben –, verließen Sebastian B., Demian, Florian, Lorenz, Alex, Sebastian V., Daniel und Damaris 'unerlaubt' das Schulgelände – was der um die körperliche Unversehrtheit seiner Untertanen extrem besorgte Direx Breidenbach dann auch mit einer Klassenbucheintragung ahndete. Er schickte dann gegen Ende der dritten Stunde auch Herrn Fuchs, um mit dem Rest der Klasse einen kuriosen 'Unterrichtsgang' zu unternehmen: Er bestand aus einem Spaziergang aller zum Busbahnhof. Anschließend durften die so eskortierten Fahrschüler dort bleiben, die anderen mußten den Rückweg antreten.

Damit die Beteiligten in einigen Jahren ihren Kindern diesen Befreiungsschlag gegen blödsinnige Anweisungen der Schulleitung beweisen können: Der folgende Scan der Klassenbucheinträge des 17. Septembers 1993 dokumentiert alles!

Die Acht war aber nicht nur wegen einzelner Ereignisse wichtig: Aus lauter Gewöhnung vergesse ich fast noch, daß Frau Nossol für uns ja auch einmal eine 'neue Erfahrung' darstellte: Der Englisch-Unterricht z.B. änderte sich drastisch (zum Relaxen hin), da Vokabeln nun nicht mehr abgefragt wurden. Auch in anderen Fächern ging es zunehmend lockerer zu: In Französisch z.B. machte sich Frau Hamburger mit Schoko-Croissants, Kakao, Eis, Bonbons und Crêpes noch beliebter, als sie sowieso schon war.

Diese Orgien fanden größtenteils in Raum 202 statt, der sich nach und nach vom Luxus-Wohnzimmer zum Luxus-Schwimmbecken verwandelte: Der Wasserhahn wurde zum Springbrunnen mit gefährlichen Wasserlachen. Fast ebenso gefährlich waren die vier 2000m-Läufe bei Temperaturen um den Nullpunkt in Frau Temmert's Sport'unterricht'. (Sie war durchaus auch verständnisvoll. Aus „Wir gehen 'raus, auch wenn es in Strömen regnet!" z.B. wurde „Die Luftfeuchtigkeit ist für einige zu hoch.")

Herr Jirzik – ebenfalls eine Premiere für uns – hingegen störte skrupellos unseren Atemrhythmus durch kontinuierliche Attacken auf das Zwerchfell. Der Unterricht war durchaus amüsant genug, die Erzählungen über ihn (z.B. auf Stein drücken, Stoppuhr fallen lassen) taten ein übriges...

Herr Elsner sollte im späteren Verlauf unserer Schullaufbahn noch für Aufruhr im Klassenverband sorgen (Stichwort 'Abschreiben'), vielleicht erinnert sich der ein oder andere aber ja noch an weniger das weniger spektakuläre, aber doch typische Spezifikum der Elsner'schen Klassenarbeiten, nämlich die während jener stattfindenden Diskussionen: "Das hatten wir aber noch nicht!" - "Doch." - "Ach so ja, das!" - "Pss!" - "Was?" - "Das mit dem..." - "Psss, Ruhe! Das hatten wir gemacht."

Das zweite Halbjahr war infolge des Raumwechsels nach 506 und des Endes der 2000m-Läufe körperlich weit weniger gefährlich – wenn auch der neue Raum durch eine durchbrochene Wand, bröckelnden Putz, eine abgeschnittene Tafel, 'Schlaglöcher' im Boden, Risse in den Wänden und freiliegende Kabel äußerst negativ auffiel.

Diesen in Sachen Wasser ungefährlichen – weil aufgrund eines fehlenden Waschbeckens hypertrockenen – Raum bekamen wir, obwohl unsere im Gegensatz zu den Tischen in Raum 506 sehr gut erhaltenen Tische von uns persönlich in die Räume des neuen Anbaus transportiert worden waren. Frau Nossol lieferte eine triftige Begründung, warum nicht wir ein Waschbecken haben sollten (und somit auch das Tafelputzwasser nicht aus den Toilettenräumen hätten holen müssen), sondern die 13er, die sowieso bald die Schule verließen: Die neuen Räume seien für Klassen zu klein – faktisch waren sie lediglich 75 cm weniger breit! Sonderbar nur, daß wir später doch noch einen solchen Raum zugeteilt bekamen...

Der einzige Vorteil dieses zu allem Übel auch noch auf der von der Sonne beschienenen Seite des HGW liegenden Raumes war, daß er zu Beginn nicht abschließbar war, da niemand einen Schlüssel hatte: Der einzige Klassenraum, zu dem wir bereits morgens um 7h20 Zutritt hatten!

Im Endeffekt haben wir diese Raumsituation also recht gut überlebt. Belegt werden kann das mit der aus dem Nonsens-'Magazin' 'Palm' entstandenen 'CHAOS' [9 Ausgaben; September 1993 – Mai 1994], in der zwar mehr Schwachsinn als Information stand, aber ohne die es keine Liste mit 430 Sprüchen gäbe.

Wenn zum 150. oder 200. Jubiläum des HGW einmal eine historische Broschüre herausgegeben werden sollte, wird man als Quelle aber wohl eher die alten Klassenbücher in Betracht ziehen als irgendwelche Schülerzeitungen. Hier werden beim Durchsehen der Titelseiten der Klassenbücher von 93/94 besonders Aufkleber mit 'Rolf' zu finden sein. 'Rolf' war nämlich der Name des Maskottchens der 93er-Post-Kampagne 'Fünf ist Trumpf' für die fünfstelligen Postleitzahlen. Noch heute ist er ab und zu zu sehen. Auch auf dem Klassenbuch der damaligen 8 D findet sich die gelbe Hand mit dem stilisierten Gesicht auf dem Zeigenfinger...

Doch auch das Jahr 1994 bildet einen 'Schulgeschichtlichen Höhepunkt': In der ersten Jahreshälfte dreht sich alles um die Wahl des neuen Schulleiters. Nach einer politische Wellen schlagenden Wahl schlug dann auch Ulrich Noß selbst zu: Seiner Amtseinführung folgten umfangreiche Rodungsaktionen auf dem Schulhof. Ob das die Idee des neuen Direktors war, sei dahingestellt; eines hat er sicher selbst eingeführt: Von jeder Klassenarbeit sollten von nun an jeweils drei Exemplare seine Adleraugen passieren und mit dem Schriftzug 'gesehen, Noß' geschmückt werden.

Von diesem doch größtenteils anstrengenden Schuljahr konnten wir uns dann fast alle in der Jugendherberge in Rosbach erholen – nachdem wir, um in Sachen Streß noch einen draufzusetzen, in strömendem Regen hingewandert waren. Das 'fast' bezieht sich nicht nur auf die zu Hause gebliebenen, sondern auch auf den armen Florian, dem die Mischung aus Fußball, Pizza und anderem (wahrscheinlich nur das 'andere'...) nicht allzu gut bekam – diese Nacht bleibt unvergessen...